Am 11. April 2018 ist die Acrylamid- oder auch gemeinhin genannte Pommes-Verordnung in Kraft getreten. Diese gilt EU-weit für Lebensmittelunternehmer, Gastronomen und Bäckereien. Wir haben uns angesehen, was durch die Verordnung genau auf die Gastronomie und Bäckereien zukommt und ob die EU tatsächlich Schluss mit zu dunklen Pommes macht.
Acrylamid entsteht beim Backen, Frittieren, Braten und Rösten von zucker- und stärkehaltigen Lebensmittel. Ab 120°C kann der Stoff in Lebensmittel nachgewiesen werden, die Werte steigen ab 170 – 180°C sprunghaft an. Verantwortlich ist die Kombination von Zucker und Eiweiß sowie hohen Temperaturen.
Lebensmittel, bei dessen Zubereitung sich besonders oft Acrylamid bildet sind Chips, Pommes oder Lebkuchen. Kinder nehmen dabei schätzungsweise doppelt so viel Acrylamid auf als Erwachsene.
Warum das schlimm ist? Acrylamid wurde von der WHO als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“ eingestuft. Darüber hinaus erzeugte der Stoff bei Tierversuchen Krebs, veränderte das Erbgut, schädigte die Nerven und beeinträchtigte die Fortpflanzung. Toleranzmenge gibt’s keine, es gilt das ALARA-Prinzip (englisch für so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar).
Die Frage nach dem „Warum“ ist also schnell beantwortet: Zum Schutz der Verbraucher. Acrylamid ist wahrscheinlich krebserregend und das ab dem ersten Mikrogramm im Körper. Um die Gefahr zu minimieren, müssen alle in der Lebensmittelbranche darauf achten, die Werte so gering wie möglich zu halten. Deswegen die Pommes-Verordnung, die neue, niedrigere Grenzwerte vorschreibt und klare Vorgaben zur Verarbeitung bestimmter Zutaten gibt.
Natürlich können wir uns jetzt streiten, ob so eine Verordnung den Rahmen sprengt. Ob sie überflüssig ist, weil – wie es in den NÖN zitiert wird – ein Koch sowieso weiß, wie braun die Pommes sein müssen, da er ansonsten in seinem Beruf nichts verloren hat. Oder weil bei einer Überprüfung von 20 getesteten Pommes sowieso nur 4 Portionen einen zu hohen Richtwert aufwiesen. Tun wir aber nicht. Weil das Zeitverschwendung wäre. Beschlossen ist beschlossen. Daher bringen wir Ihnen lieber ein konkretes Beispiel zur Umsetzung der Verordnung.
Bleiben wir doch gleich bei den namensgebenden Pommes. Mit 11. April 2018 sank der derzeit geltende Richtwert für die Höchstbelastung an Acrylamid von 600 auf 500 Mikrogramm pro Kilo pro Lebensmittel. Der 24-seitige Anhang der EU-Verordnung gibt Tipps, welche Minimierungsmaßnahmen Sie treffen können.
Kartoffelsorten mit niedrigem Zuckergehalt verwenden.
Kartoffel bei einer Temperatur von über 6°C lagern.
Die Kartoffeln vor dem Frittieren mindestens 30 Minuten in warmes Wasser einweichen oder blanchieren, damit die Stärke vorab reduziert wird. Vor dem Frittieren nochmal mit kaltem Wasser abspülen.
Geeignete Frittieröle oder Fette verwenden, um beim Frittieren die Temperaturen so gering wie möglich halten zu können. Die Öle oder Fette regelmäßig abschöpfen.
Die Pommes nicht zu heiß (unter 175°) und nicht zu lange frittieren. Hierbei kommt die – fast schon berühmte – Bräunungstabelle ins Spiel (siehe Bild). Diese dient als Orientierung, wie braun die Pommes sein sollten, damit der Wert so gering wie möglich gehalten wird.
Im Rahmen der regulären Lebensmittelkontrollen wird von den jeweiligen nationalen Behörden geprüft, ob der vorgeschriebene Richtwert eingehalten wurde. Wenn nicht, muss der Betrieb Maßnahmen zur Senkung setzen.
Wie das alles im Detail aussehen wird, ist noch nicht ganz klar. Die Angst, dass die Prüfstellen eine schriftliche Dokumentation verlangen, scheint dabei nicht ganz unbegründet. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) kritisiert genau das und sieht in der Verordnung ein „neues Sinnbild einer überzogenen EU-Regelungswut“ (zit. nach einem Artikel der Zeit vom 22. November 2017). Um genau das zu verhindern, hat die WKO in Österreich eigene Guidelines für die Vollzugsbehörden erarbeitet, welche praxisnahe Tests und eine möglichst unbürokratische Vollziehung der Verordnung gewährleisten sollen.
So oder so, Strafen gibt’s bei erstmaligen Verstößen keine. Es wird also nicht so heiß gegessen, wie gekocht. Vergessen Sie aber trotzdem nicht: Es handelt sich um eine zwingende EU-Vorschrift, die als direkt anwendbares Recht von den nationalen Lebensmittelinspektionsbehörden zu vollziehen ist. Gegenebenfalls auch mit Strafen.
Ist am 11. April 2018 europaweit in Kraft getreten.
Dient zur Senkung von Acrylamid in Lebensmittel und damit zur Minimierung eines potentiell krebserregenden Stoffes in unserem Essen.
Die Kontrollen werden national im Rahmen der regulären Lebensmittelkontrollen durchgeführt.
„Anfällige“ Produkte sind vor allem zucker- und stärkehaltige Lebensmittel wie Kartoffeln und Mehl. Besonders häufig wird der Stoff über Kartoffelchips, Pommes oder Lebkuchen aufgenommen.
Die Verordnung gilt nicht nur für Wirte, sondern auch für Bäckereien.
Je nach Lebensmittel gibt es unterschiedliche Maßnahmen, die den Wert senken. Diese sind im Anhang der Acrylamid-Verordnung im Detail aufgelistet.