Karpfen, Hecht, Forelle, Kabeljau oder Lachs. Nur einige der unzähligen Fischarten und nur einige Produkte, die nach der Lebensmittelinformationsverordnung als potentieller Allergieauslöser gekennzeichnet werden müssen. Genauer gesagt mit einem „D“ versehen werden sollen. Eine Maßnahme, die in Anbetracht der Aggressivität und des steigenden Fischkonsums in Deutschland, nicht unwesentlich sein mag. Aber ist eine Kennzeichnung von Fisch und den daraus gewonnenen Erzeugnissen tatsächlich sinnvoll?
Einerseits sind natürlich alle Fische mit einem D zu kennzeichnen. Die sämtlichen Arten aufzuzählen ginge hier natürlich zu weit, daher sind diese nur unter „alle Fischarten“ subsumiert. Zusätzlich zählen zu den kennzeichnungspflichtigen Produkten Kaviar und Rogen. Produkte, die aus Fischen gewonnen werden, fallen ebenso unter die Kennzeichnungspflicht.
Beispiele: Fischöle, Fischgelatine, Fischextrakt, Fischsauce, Anchovis, Anchovipaste, Kräcker, Saucen (zB. Worcestersauce), Fonds, Suppen, Würzpasteten, Würste, Sardellenwurst, Brotaufstriche, Feinkostsalate, Pasteten, Vitello tonnato, Surimi, Kamaboko, Lebertran
Was von der Allergenkennzeichnung ausgenommen ist:
Fischgelatine als Trägerstoff für Vitamin- oder Karotinoidzubereitungen
Fischgelatine oder Hausenblase als Klärhilfsmittel in Bier und Wein
Bei genauerem Hinsehen in Sachen Fischallergie wird schnell klar: Fisch gehört definitiv zu den aggressiveren Lebensmittelallergien und eine Kennzeichnung der Allergie ist – in Anbetracht der Sensibilität und der möglichen Beschwerden – äußerst sinnvoll. Natürlich, da soll jetzt nicht eine Hühnereiallergie herunter gespielt oder ein Weizenallergiker als Hypochonder abgestempelt werden. Dennoch, bei der Beschäftigung mit Fischallergie drängt sich vielmehr die Frage in den Vordergrund: Geht hier die LMIV weit genug?
Eine solche Behauptung in den Raum zu stellen mag vielleicht für Aufsehen oder Empörung sorgen. Trotzdem ist sie in Anbetracht der Fischallergie berechtigt. Denn:
Bereits eine kleine Menge reicht aus, um eine starke allergische Reaktion auszulösen.
Das Hauptallergen ist hitzebeständig, der Verzehr von rohen und gekochten Fisch sollte also vermieden werden.
Das Hauptallergen Parvalbumin löst häufig Kreuzallergien aus. 50 % der Betroffenen, die auf eine Fischart allergisch reagieren, vertragen auch andere Fischarten nicht.
Fischdämpfe, Lebertran, Staub von getrocknetem Fisch, selbst Fischgeruch können zu allergischen Reaktionen führen. Der Geruch kann übrigens so subtil sein, dass er bereits Symptome hervorruft, wenn er für „Gesunde“ noch nicht wahrgenommen wird. Stark sensibilisierte Menschen können bereits vom Einatmen der Dämpfe oder des Staubs einen anaphylaktischen Schock bekommen, der im schlimmsten Fall zum Tod führen kann.
Das Fischallergen kann auch als verstecktes Allergen auftreten. Werden beispielsweise Schweine oder Geflügel mit Fischmehl aufgezogen, kann auch deren Verzehr zu einer allergischen Reaktion führen. Selbst der Verzehr von Eiern oder Wurstwaren von/aus besagten – mit Fischmehl gefütterten – Tieren kann hierbei ausreichen.
Natürlich muss es nicht immer ein lebensbedrohlicher Schock sein. Natürlich können auch andere Beschwerden auftreten: Hautausschläge, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Atembeschwerden, Lippenschwellungen, Bläschen im Mund, Juckreiz im Rachen oder ein Kreislaufzusammenbruch. Reicht auch schon, meinen wir.
Dass eine Fischallergie nicht ohne ist, ist nun also geklärt. Die gute Nachricht: Ähnlich wie bei der Allergie auf Krebstiere (B) tritt diese vor allem in Küstengebieten auf. Gute Nachricht in diesem Sinne also auch nur für Binnenländer bzw. Länder mit wenigen Küstengebieten wie beispielsweise Österreich, die Schweiz oder Deutschland.
Grund dafür ist, wie auch bei der Allergie auf Krebstiere, dass sich mit der Häufigkeit des Kontakts und Verzehrs auch die Allergie verbreitet. Der Auslöser der Allergie hängt in logischer Konsequenz auch von den Essgewohnheiten ab: So ist in Norwegen der Kabeljau, in Spanien der Hecht, der häufigste Auslöser. Berufsgruppen, die viel mit Fisch zu tun haben, zählen ebenfalls zu häufig Betroffenen.
Schuld an diesem Dilemma ist das Hauptallergen Parvalbumin. Den Titel hat es sich zurecht erkämpft: Immerhin reagieren 95 % der Betroffenen auf jenen Inhaltsstoff allergisch. Parvalbumin ist ein kalziumbildendes Eiweiß der Muskelzelle, das zu allem Überfluss Aminosäuresequenzen anderer Fische ähnelt und somit häufig Kreuzallergien auslöst.
Obwohl nicht alle Betroffenen Kreuzallergien bilden, obwohl manche Glücklichen wirklich nur auf eine Fischart allergisch sind und alle anderen bedenkenlos verzehren können, fest steht jedenfalls eines: mit Fischallergien ist nicht zu spaßen. Betroffenen wird empfohlen auf alle fischhaltigen Lebensmittel zu verzichten; und selbst wenn in Anbetracht der Aggressivität des Parvalbumins oft Spuren in Lebensmittel für eine Allergie ausreichen (und somit die LMIV nicht davor schützen kann), ist eine Kennzeichnung für Betroffene eine Erleichterung ihres Alltags und ihr Restaurantbesuch wird wesentlich unbeschwerlicher.
Fischallergie gilt für gekochten und rohen Fisch.
Für Betroffene, die unter starken allergischen Reaktionen leiden, empfiehlt sich stets ein Notfallset bei sich zu tragen.
Die Häufigkeit der Fischallergie steigt mit der Häufigkeit des Kontakts des Fischs. Daher ist die Allergie v.a. bei Berufsgruppen, die mit Fisch zu tun haben, bzw. in Küstenregionen, stark verbreitet.
Auf Grund der hohen Wahrscheinlichkeit von Kreuzreaktionen bei Fischallergie empfiehlt sich ganz auf alle fischhaltigen Lebensmittel zu verzichten.
Sie haben die anderen Allergene verpasst? Kein Problem! Auf der Seite „Die 14 Hauptallergene“ können Sie alle erschienenen Artikel nachlesen.